top of page

Mein Pferd lahmt – Sehnenverletzung und nun?

Autorenbild: Marthe OellerMarthe Oeller

Sehnenverletzungen beim Pferd sind einer der häufigsten Ursachen, wenn dein Pferd unsauber geht oder lahmt. Wir unterscheiden zwischen einer Tendinitis und einer Tendovaginitis. Die Tendinitis ist eine Entzündung einer Sehne oder eines Muskel-Sehnenansatzes, ohne dass die Sehnenscheide betroffen ist. Von einer Tendovaginitis sprechen wir, falls ausschließlich die Sehnenscheide betroffen ist. Das zerstörte Sehnengewebe kann nur begrenzt erneuert werden. Überwiegend bildet sich ein unelastisches Narbengewebe, dessen biomechanische Eigenschaften viel schlechter sind. Das Narbengewebe ist durch seine verminderte Elastizität eher empfänglich für neue Risse in der Sehnenfaser. So wird aus einem primären Sehnenschaden auch im Nachhinein manchmal eine chronische Erkrankung.


Kleiner Exkurs in die Anatomie:

Die Sehnen beim Pferd bestehen aus vielen verschiedenen Faserbündeln. Sie gehören zum straffen Bindegewebe und haben demnach einen sehr hohen strukturellen Anteil von Kollagen. Das Sehnengewebe kann als solches nur sehr begrenzt trainiert werden, da die Sehne nur wenig mit Blutgefäßen versorgt wird. Im Gegensatz zu den Muskelsträngen besitzen Sehnen eine hohe Zugfestigkeit und geringe Dehnbarkeit. Sehnen dienen in erster Linie der Kraftübertragung, während die Bänder stabilisieren und stützen. Da die Sehnenfasern eng mit Muskeln und Knochenhaut verwoben sind, können sie die Kraft des Muskels zu großen Teilen in Bewegungsenergie umwandeln.


Auf der Rückseite des Röhrbeins befinden sich 3 Sehnen:

  1. Die oberflächliche Beugesehne: Die Belastbarkeit wird daran sichtbar, dass die oberflächliche Beugesehne des Pferdes im Galopp bis zu 16% gedehnt werden kann. Sie muss nach einem Sprung von ca. einem Meter Höhe 200 % des Körpergewichtes abfedern.

  2. Die tiefe Beugesehne: Sie und ihr Unterstützungsband dient als Spannband für das Hufgelenk. Sie wird am stärksten in Anspruch genommen.

  3. Der Fesselträger: Er muss nach einem Sprung von ca. einem Meter Höhe ca. 250 % seines Körpergewichtes abfedern können.

Auf der Vorderseite des Röhrbeins befindet sich der „gemeinsame Zehenstrecker“: Die Belastung auf diese Sehne ist gering, weshalb sie auch nur selten Probleme verursacht.


Eine Entzündung kann in drei verschiedene Stadien eingeteilt werden:

  • akutes Stadium

  • subakutes Stadium

  • chronisches Stadium (schließt an die zwei vorhergehenden Stadien an)


Wodurch entstehen Sehenverletzungen?

  • Unpassende Bodenverhältnisse (zu tief, hart, matschig)

  • Überforderung im Training

  • Überbelastung des Pferdes

  • Fehlbelastungen

  • Trauma/Unfall

  • Starkes Übergewicht

  • Krankheitsdisposition

  • Hohes Trainingslevel im jungen Pferdealter (Sehnenapparat reift erst mit 6-7 Jahren vollständig aus)

Nicht zu unterschätzen: Es gibt Fälle, wo das Pferd einen Sehnenschaden an einem Vorderbein hat, aber auf dem anderen Vorderbein lahmt. Dies kommt zum Beispiel vor, wenn dein Pferd auf der einen Seite Arthrose hat und somit die andere Seite stetig mehr belastet. Dies verursacht dann das Lahmen auf der anderen Seite und kann langfristig auch zu einem Sehnenschaden führen. Es ist also essenziell, dass man versucht die wirkliche Ursache der Tendinitis/Tendovaginitis rauszufinden, um eine vollständige Ausheilung ermöglichen zu können.


Wie sehr wirkt sich die Bodenbeschaffenheit auf die Sehnen aus?


Die Bodenbeschaffenheit wirkt sich direkt auf die Sehnen deines Pferdes aus. Bei einer Erkrankung der Sehnen kann sich der Boden positiv wie auch negativ auf die Genesung auswirken und kann dieser sogar vorbeugend entgegenwirken. Ein sehr tiefer oder unebener Untergrund führt durch das Einsinken der Extremität zu einer höheren Beanspruchung der Beugesehne, was für den Heilungsverlauf gegebenenfalls nicht förderlich ist. Durch fehlende Stabilität kommt es leichter zu Überdehnung der Sehnen. Ist der Boden zu fest, kann es jedoch auch zu Überlastungen der Sehnen kommen.


Wie erkenne ich Sehnenverletzungen?


  • vermehrte Wärme und Pulsieren im Bereich des Fesselgelenks

  • Druckschmerz beim Abtasten

  • leichte bis sehr starke Lahmheit nach kurzer Belastung

  • warme, leicht bis stark angeschwollene Sehnen bzw. Sehnenkapseln

  • einseitige Entlastungen während des Stehens; häufiges Liegen


Was mache ich, wenn mein Pferd eine Sehnenverletzung hat?


1. Zügig den Tierarzt verständigen und durch eine Ultraschalluntersuchung zur Diagnose kommen.

2. Die ersten Tage der Verletzung: Kühlen & einige Tage Ruhe, nach Rücksprache mit dem Tierarzt ein leichtes Bewegungsprogramm.

3. In der ersten entzündlichen Zeit ist eine Versorgung mit ungesättigtenFettsäuren, wie z. B. Leinöl oder mit entzündungshemmenden Kräutern wie z.B. die Teufelskralle, Weiderinde, Ingwer, Curcumin und natürliches Vitamin E (Weizenkeimöl) ratsam.

4. Es sollte in dieser Phase auch schon mit einer Tiefenstrahler- (z.B. REPULS) und Magnetfeldtherapie gestartet werden.

5. Nach der akuten Phase ist vor allem das Füttern von Antioxidantien wie Vitamin E, C und Selen sehr hilfreich. Sie sind im Körper als Radikalfänger tätig und mindern die Gewebeschädigung. Zudem werden zu einem großen Teil Glykosaminoglykane und Schwefel in der Regenerationsphase verbraucht. Hier ist es ratsam mit Chondroitinsulfat, Glucosamin, MSM oder Methionin zu unterstützen und diese als Ergänzung zuzufüttern.

6. Nach dem Abklingen der Schwellung sollte der Fokus auf der Durchblutungsförderung liegen. Hier wird oftmals eine Wärmetherapie empfohlen, da Wärme die Durchblutung des geschädigten Gewebes fördert. Auch die Kombination aus Tiefenstrahler- und Magnetfeldtherapie wird die Durchblutung und den Abbau von Stoffwechselprodukten positiv beeinflussen.

7. Physiotherapie sollte im kompletten Prozess immer eine Rolle spielen, um Verklebungen und Verhärtungen der überlasteten Strukturen zu lösen. Die Wiederherstellung der Mobilität und der Belastbarkeit stehen hier im zentralen Fokus der Therapie. Eine Novafontherapie der oberhalb liegenden Muskulatur der betroffenen Sehne ist als Zusatz sehr ratsam.

8. Besonders wichtig bei der Behandlung von Sehnenverletzungen ist die kontrollierte Bewegung. Die Behandlung eines Sehnenschadens ist nur dann erfolgreich, wenn das individuelle Trainingsprogramm strikt eingehalten wird. Entgegen der früher vorherrschenden Meinung, das Pferd muss monatelange Boxenruhe halten, vertritt man heute die Meinung, dass das Bewegungsprogramm möglichst frühzeitig aufgenommen werden sollte, um eine Verklebung der Sehne zu vermeiden und damit chronischen Sehnenproblemen entgegenzuwirken. In manchen Fällen ist es zudem sinnvoll, das Pferd mit einem orthopädischen Beschlag zu versehen.

9. Um einen chronischen Schaden zu vermeiden, sollte man dem Pferd genügend Ruhezeit geben. So achtet man auf eine 2–3-monatige Schrittphase bzw. später leichter Trab, möglichst auf der Geraden ohne enge Wendungen. Die Gesamtdauer der Heilung kann bis zu 12 Monaten andauern und entscheidet sich natürlich nach der Schwere der Sehnenverletzung


Die Tiefenstrahlertherapie wirkt herausragend bei subakuten und chronischen Sehnenerkrankungen. Nach durchschnittlich 10 Behandlungen scheinen die Pferde oftmals wieder palpatorisch schmerzfrei und sonographisch klarer. Es ist ein deutlicher Entzündungsrückgang zu erkennen. Selbst unter Arbeitsbelastung war eine anhaltende Lahmheitsfreiheit nach 10 Behandlungen schon zu erleben. Auch bei akuten Sehnenschäden hilft der Tiefenstrahler nachweislich. Die Ausheilungsdauer wurde deutlich verringert, wobei es initial manchmal zu einer kurzen Verstärkung der Lahmheit direkt nach der Behandlung führt, was dann schnell wieder abklingt.

27 Ansichten0 Kommentare

Aktuelle Beiträge

Alle ansehen

Comentários


Impressum

Tierphysiotherapie  Marthe Oeller 

E-Mail: info@tierphysio-oeller.com 

Eine Haftung oder Garantie für die Vollständigkeit, Richtigkeit und Aktualität der hier enthaltenen Informationen ist ausdrücklich ausgeschlossen. Der Inhalt dieser Webseite ist urheberrechtlich geschützt. Jegliche Übernahme und Vervielfältigung von Daten oder Informationen bedarf meiner vorherigen schriftlichen Zustimmung.

bottom of page